Eigentlich war es auch ans kleine Referenz an den neuen Vermieter Sony gedacht. Doch der Umzug des Arsenals in dessen Komplex am Potsdamer Platz verzögert sich, und so gibt es ein zweigeteiltes Mammutprogramm mit Kino aus Nippon: Unterbrochen von der Berlinale laufen bis Ende Februar massenweise Klassiker von Kurosawa, Ozu, Mizoguchi oder Imamura. Darunter findet sich allerdings auch weniger Bekanntes wie Kurosawas parodistisches Frühwerk „Die Männer, die dem Tiger auf den Schwanz traten“, der vom deutschen Expressionismus inspirierte Stummfilm „Eine Seite des Wahnsinns“, mit dem die Reihe beginnt, oder die sozialkritische Komödie „Arigato-San“, mit der sie am 5.Januar offiziell eröffnet wird. Eine Fortsetzung mit Produktionen aus jüngster Zeit soll es dann im Mai geben, am neuen Standort des Kinos. Arsenal, ab 1.1.
Aelita
Für alle, denen das Jahr 2000 so enttäuschend normal und ganz und gar futuristischer vorkommt als die vorangegangenen: Science Fiction aus der frühen Sowjetunion über den Revolutionsexport zum Mars, teils in bizarren expressionistischen Kulissen. Fkh Babylon, Sonntag
Arsenal
Für alle, die auch in den Nullerjahren von der Weltrevolution träumen wollen: Alexander Dowschenkos russisches Agitpropepos, der dem vor exakt dreißig Jahren eröffneten Kino Arsenal den Namen gab. Arsenal, Montag
Brazil
Für alle, die von der Zukunft nichts mehr erwarten: Terry Gilliams schräge Mixtur aus „1984“ und Monty Python’s, die uns die Welt realistischerweise als Irrenhaus mit zunehmendem Hang zur Brutalität zeigt. Brotfabrik, Donnerstag bis Mittwoch
Monsieur Verdoux
Für alle, zu deren guten Vorsätzen nicht gehörte, dem Sarkasmus und dem Schwarzen Humor zu entsagen: Die authentische Geschichte eines biederen Familienvaters, der durch die Zeitläufte in finanzielle Not gerät und daraufhin zum massenmordenden Heiratsschwindler wird. Bis auf das Ende der böseste Film des sonst oft so klebrig-sentimentalen Chaplin. Fkh Babylon, Montag und Dienstag
Sieben Sommersprossen
Für alle, die auch in den Nullerjahren gern in (N)Ostalgie schwelgen wollen (und denen „Sonnenallee“ nicht langte): Wie zwei Teenies in einem Ferienlager und via „Romeo und Julia“ zueinanderfinden, inszeniert vom Jugendfilmspezialisten Herrmann Zschoche in den Siebzigern, als (nicht nur) die DDR alltagsästhetisch am widerwärtigsten war. Börse, Montag
Wer hat Angst vor Virginia Woolf?
Für alle, die ihren Ehekrieg auch in den nächsten zwölf Monaten fortsetzen möchten: Mike Nichols’ Adaption von Edward Albees ebenso klassischem Beziehungskampf eines Paares, das nur noch aufrichtiger Haß und das Fehlen einer Alternative zusammenhalten. Xenon, Donnerstag und Samstag bis Mittwoch
Zeit der Stille
Für alle, die am 2. Januar erstmal Ruhe brauchen: Thorsten Näters hübscher, sehr authentisch wirkender und fast wortloser Film über zwei einsame Menschen, die sich durch Berlin treiben lassen. Beginn der Reihe „Abschied von West-Berlin“ mit Filmen über die Halbstadt aus den letzten drei Dekaden. Arsenal, Sonntag
Filmtips, wie ich sie 1995-2005 allwöchentlich für die „Tagesspiegel“-Beilage „Ticket“ gestaltet habe. Diese Folge für die letzte Ausgabe des Jahres 1999 blieb aus Platzgründen unveröffentlicht.