Im Berliner Untergrund kann jetzt eigentlich nichts mehr passieren. Zumindest nicht auf den U-Bahn-Stationen Alexanderplatz, Kottbusser Tor und Zoo. Denn anders als bei den anderen 170 Berliner U-Bahnhöfen werden die Bilder, welche die Überwachungskameras von diesen drei Stationen liefern, seit neuestem live angeschaut: Von frühmorgens bis tief in die Nacht, am Wochenende gar rund um die Uhr, sitzen Polizeibeamte, die sich sicher sehr freuen, daß ihnen eine so verantwortungsvolle, abwechslungsreiche Aufgabe übertragen wurde, dem Vernehmen nach vor Bildschirmen und beobachten, was auf diesen U-Bahnhöfen vor den tausend Augen der Dr. Nikutta geschieht. Sollte es etwas Arges sein, das nach polizeilichem Eingreifen ruft, werden diese wackeren Ordnungshüter ihre Kollegen alarmieren ? und schon nach wenigen Minuten soll dann etwa einem Schläger Einhalt geboten werden und er wird dingfest gemacht ? sofern er so freundlich war, nicht zuvor selbst etwas zu machen, nämlich sich aus dem Staub.
Groß dürfte die Genugtuung bei jenen sein, die fest daran glauben, auch noch den letzten Winkel des öffentlichen Raums der Überwachung durch den Großen Bruder zu überantworten, steigere die Sicherheit ? also CDU-Anhänger, BZ-Leser oder Polizeigewerkschafter. Wobei bei letzteren ganz sicher keine Rolle spielt, daß sie gelegentlich ausrechnen, wie viele ? möglichst neue ? Polizistenstellen man benötigt, um sich permanent die Bilder von 173 U-Bahnhöfen anzusehen. Ganz zu schweigen von den S-Bahnhöfen, Bus- und Straßenbahnhaltestellen.
Und bestimmt nicht wird das staunende Publikum bald von dem ersten Fall erfahren, in dem Schlimmes auf den drei live überwachten U-Bahnhöfen unbemerkt geblieben ist, weil die Aufsichtsbeamten abgelenkt, unaufmerksam oder einfach von ihrer Tätigkeit unglaublich angeödet waren.